Hier sammle ich einige Beweise, welche ich außergewöhnlich einfach und schön finde, und welche nichtsdestotrotz tiefe mathematische Wahrheiten offenbaren.


Unendliche Summen

Nimm 1, addiere ein Halb, dann nochmals die Hälfte (also ein Viertel), und so weiter. Addiere jeweils die Hälfte von dem, was im letzten Schritt addiert wurde. Tu dies unendlich oft. Was kriegt man als Resultat?

Geometrisch gesehen wird die Antwort klar. Nimm ein Rechteck mit Seitenlänge 1 und 2, so wie dieses:

Teilt man es in der Hälfte dann ist die Fläche (in rot) auf der linken Seite 1. Jetzt teile das, was übrig bleibt, nochmals in der Mitte. Dann hat man 1/2 (in orange) addiert. Teile wiederum den Rest in zwei, und addiere demnach (in dunkelgelb) 1/4. Beim nächsten Mal addiert man auf die Art 1/8 (in hellgelb). Auf diese Art und Weise konstruiert man genau die Summe, die oben beschrieben war, also 1 + 1/2 + 1/4 + 1/8 +…. Dann wird es schnell klar, dass das Resultat 2 sein wird, da man immer mehr vom großen Rechteck bekommt, ohne dieses jedoch überschreiten zu können, und die Fläche des großen Rechtecks beträgt 1×2=2. Du hast eben eine unendliche Summe ausgewertet!


Skalierungssymmetrie, logarithmische Spiralen und der Goldene Schnitt

Zeichne ein Rechteck welches in ein Quadrat und ein kleineres Rechteck aufgeteilt werden kann, so dass das kleine Rechteck dieselben Proportionen besitzt als das große:

Falls die große Seite des Rechtecks Länge g hat, und die kleinere Seite Länge 1, dann ist deren Verhältnis g/1=g. Das bedeuted, dass die kleinere Seite des kleinen Rechtecks Länge 1/g haben muss, so dass das Verhältnis con großer zu kleiner Seite wiederum g ist. Anhand der Zeichnung kann man eine Gleichung für g finden, nämlich g-1=1/g. Diese Gleichung besitzt nur eine positive Lösung, und diese ist der Goldene Schnitt

Jetzt haben wir also ein großes Rechteck welches ein kleineres mit denselben Proportionen enthält. Wir können nun das kleinere Rechteck genau so aufteilen, also in ein Quadrat und ein noch kleineres Rechteck mit wiedrum denselben Proportionen:

Dass das kleinere Rechteck dieselben Proportionen besitz nachdem man ein Quadrat unterteilt ist automatisch der Fall, da die ganze Prozedur ja nur mit einem Faktor g skaliert wurde. Man kann jetzt weiter unterteilen, jeweils in ein Quadrat und ein kleineres Rechteck. So bekommt eine Figure welche selbstähnlich ist (man kann sich auch vorstellen, immer größere Quadrate an das ursprüngliche Rechteck anzuhängen). Diese Figur bleibt unverändert wenn man rein- oder rauszoomt – sie hat eine Skalierungssymmetrie.

Man kann auch eine Spirale einbauen, indem man entgegengesetzte Ecken der Quadrate verbindet, wie oben gezeigt. Dies ist eine logarithmische Spirale, welche auch selbstähnlich ist. Die Spirale wächst im Verhältnis zu ihrer bestehenden Größe, daher kommt diese Form öfters in der Natur vor. Sie bestimmt zum Beispiel die Form einiger Muscheln (wie die vom Nautilus), von Schneckenhäusern, Sonnenblumen oder etwa von Romanesco Brokkoli.


Wie viele Brüche gibt es?

Schaut man sich die ganzen Zahlen an, 0, 1, 2, 3, 4, und so weiter, so ist es klar, dass es unendlich viele davon gibt. Brüche sind Zahlen, welche man als Quotient zweier Zahlen darstellen kann, also zum Beispiel 6/11, 5/9, 147/12, und so weiter. Für viele Menschen scheint es natürlich zu raten, dass es viel mehr Brüche als ganze Zahlen gibt. Ein Argument von Georg Cantor zeigt jedoch, dass dem nicht so ist: es gibt genau so viele Brüche wie ganze Zahlen! So kann man es zeigen: man listet alle Brüche auf, indem man sie als Gitter schreibt – geht man nach rechts, vergrößert sich der Zähler um eine Einheit; geht man nach unten, vergrößert sich der Nenner um eins, wie auf diesem Bild:

Jetzt kann man einen Weg finden, welcher alle Brüche aufzählt. Diesen Weg kann man dann in eins-zu-eins Verbindung mit den ganzen Zahlen setzen:

Man kann also die Brüche genau so aufzählen wie die ganzen Zahlen. Es gibt unendlich viele von beiden, und es ist dieselbe Unendlichkeit.

Wenn wir sagen “dieselbe Unendlichkeit”, dann ist dies weil es noch andere Unendlichkeiten gibt. Die Anzahl der reellen Zahlen (sagen wir, alle Punkte auf einer Linie) ist zum Beispiel größer. Es ist ein Beispiel einer höheren Unendlichkeit. Wie kann man so etwas zeigen? Cantor hatte wiederum ein cleveres Argument. Man stellt sich vor, man hat eine Liste aller reeller Zahlen (sagen wir zwischen 0 und 1). Die würde dann in etwa so aussehen wie die schwarzen Zahlen hier:

Jetzt kann man eine neue Zahl bilden (in grün), indem man von jeder Zahl nur eine Ziffer nimmt, von der ersten die erste Ziffer, von der zweiten die zweite Ziffer, und so weiter. Diese neue Zahl verwandelt man, indem man zu jeder Ziffer eins dazu fügt (hat man eine 9 so wird daraus eine 0). Diese neue Zahl (in grün unten) ist speziell, denn sie ist von allen bisherigen Zahlen verschieden (da sie sich an mindestens einer Stelle von jeder anderen Zahl unterscheidet). Doch die Liste sollte eigentlich schon alle reellen Zahlen beinhalten. Wir haben einen Widerspruch, der zeigt, dass es eine solche Liste gar nicht geben kann! Man kann die reellen Zahlen also nicht aufzählen, wie man es mit den ganzen Zahlen und den Brüchen tun konnte. Es gibt einfach mehr reelle Zahlen, diese gehören einer größeren Unendlichkeit an. Es gibt Hierarchien von Unendlichkeiten!